Wie läuft´s mit dem Unterhaltsvorschuss im Kreis Kleve?

Die Finanzierung des Unterhaltsvorschusses ist ab Juli 2017 neu geregelt worden. Die GRÜNEN im Kreistag Kleve fragen nach der aktuellen Entwicklung.


Spielende Kinder auf einem Spielplatz.  Foto: Thomas Velten

Entwicklung des Unterhaltsvorschusses im Kreis Kleve

Jugendhilfeausschuss am 09.11.2017 24.10.2017
Antrag zur Tagesordnung
Sehr geehrter Herr Landrat Spreen,
sehr geehrter Herr Hohl,
die Kreistagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragt, den Tagesordnungspunkt „Entwicklung und Umsetzung des UVG seit dem 01.07.2017“ zur Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 09.November 2017, aufzunehmen.

Wir beantragen im Rahmen dieses Tagesordnungspunktes über die Entwicklung und das Antragsaufkommen seit der gesetzlichen Veränderung zu berichten.
Darüber hinaus bittet die Kreistagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN darum, mit ihrem Bericht nachfolgende Fragen mit zu beantworten:

1. Wie viel Personalstellen zur Bearbeitung der Anträge auf UVG-Leistungen sind vorhanden und müssen noch geschaffen werden?
2. Wo verbleiben die Personalstellen, die für die Geltendmachung von Forderungen gegenüber dem säumigen Elternteil, aktuell eingesetzt sind nach dem 01.01.20129?
3. Wie lang ist die momentane Bearbeitungszeit?
4. In welcher Reihenfolge wird die Bearbeitung vorgenommen?
5. Wie viele Neuanträge wurden seit dem 01.07.2017 gestellt?
6. Mit welcher Kostenbelastung rechnet der Kreis für die kommenden zwei Jahre?

Begründung:
Bekanntlich sind die Leistungen des Unterhaltsvorschussgesetzes rückwirkend seit dem 01.07.2017 ausgeweitet worden. Die bisherigen Einschränkungen bei Bezugsdauer (6 Jahre) und Alter (bisher bis 12 Jahre, jetzt bis 18 Jahren) wurden aufgehoben. Im Ergebnis steht eine vermutete Verdoppelung des anspruchsberechtigten Personenkreises in vielen Kommunen.

Die bisherige Kostenaufteilung lautete 1/3 Bund, die restlichen 2/3 wurden in NRW aufgeteilt in 80% Kommunen und 20% Land. Schon etwas länger bekannt ist der neue Verteilschlüssel 40% Bund, 30% Land NRW, 30% Kommunen.

Allerdings kann der sinkende prozentuale kommunale Anteil – also von etwa 53% auf 30% – voraussichtlich die zusätzlichen Kosten aufgrund der höheren Zahl von Anspruchsberechtigten nicht kompensieren. Unter dem Strich führt dies zu kommunalen Mehrkosten.
Der Landtag NRW hat dazu beschlossen:
1. Den Kommunen sollen nicht mehr Ausgaben entstehen, als sie zum 31.12.2016 gehabt haben. Ob dies nur die finanziellen Leistungen betrifft oder auch das zusätzlich eingestellte Personal bleibt zunächst unklar.
2. Der Rückgriff – also die Geltendmachung von Forderungen gegenüber dem säumigen Elternteil – soll künftig durch das Land durchgeführt werden. Dies trifft aber erst am 01.01.2019 in Kraft.

Hier hätte die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gerne Klarheit.
Erwähnen sollte man allerdings auch, dass es Bundesländer gibt, in denen die Kommunen keinen Eigenanteil zahlen

Mit freundlichen Grüßen
Birgitt Höhn                                         Helmut Prior
Fraktionsvorsitzende                             stellv. Fraktionsvorsitzender
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Die RP berichtete am 6. Januar 2018 über die Anfrage und die damit verbundenen Probleme

Unterhalt vom Kreis: Familien entlastet

Das neue Unterhaltsvorschussgesetz regelt, dass allein Erziehende länger und auch für ältere Kinder Geld der öffentlichen Hand bekommen, wenn der Ex-Partner nicht zahlt. Mehr Personal, 1000 Fälle für die Kreisverwaltung. Von Anja Settnik
Es war ein andauernder Kampf. Nervtötend für die Mutter, belastend auch für die Kinder. Würde Holger T. in diesem Monat seinen Verpflichtungen als geschiedener Vater nachkommen? Zahlte er für Henry und Judith, oder "vergaß" er es einmal mehr? Immer dann, und das war häufig der Fall, wurde es nicht erst am Monatsende finanziell eng für die Familie. Dass der Ex-Mann selbst nicht viel Geld hat, weiß Sabine T. natürlich, aber verschonen kann und will sie ihn nicht. Die berufstätige Mutter braucht den Unterhalt, um über die Runden zu kommen. Seit Mitte vergangenen Jahres hat sich die Situation für Familie T. und zigtausende andere etwas entspannt. Der Staat tritt im Falle säumiger Zahler in Vorleistung – jetzt auch für Kinder, die älter als zwölf Jahre sind.
Anfrage der GRÜNEN – Thema im Jugenhilfeausschuss
In der nächsten Sitzung des Kreis Klever Jugendhilfeausschusses wird am kommenden Donnerstag über den Stand der Dinge beim Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) informiert. Die Fraktion der Grünen hat nämlich angefragt, wie sich die Änderung auf den Kreis Kleve auswirkt – organisatorisch, personell, finanziell. Die Antworten der Kreisverwaltung in Kurzform: Durch Umstrukturierung der Stellen gelingt es (bisher), mit zwei zusätzlichen Mitarbeiterinnen, aber nur wenig zusätzlichen Stunden, die Anträge auf UVG-Leistungen zu bearbeiten. Rund 1000 laufende Fälle gibt es derzeit, die resultieren aber nur aus den Kommunen ohne eigenes Jugendamt. Zählt man die Fälle aus den größeren Städten dazu, sind es vermutlich doppelt so viele.
Infos zum Unterhaltsvorschuss
Kinder, die von dem Elternteil, bei dem sie nicht leben, keinen oder keinen regelmäßigen Unterhalt bekommen, konnten auch früher schon Unterhaltsvorschussleistungen erhalten. Die Höhe richtet sich bundesweit nach dem Mindestunterhalt. Der Unterhaltsvorschuss beträgt nach dem neuen Gesetz für Kinder bis fünf Jahre 150 Euro (seit 1. Januar 154), von sechs bis zu elf Jahren 201 (205) Euro, Zwölf- bis 17-Jährigen stehen je 268 (273) Euro zu. "Dass mit 18 Jahren Schluss ist, müsste noch geändert werden. Zumindest bis eine Ausbildung abgeschlossen ist, sollte weiter gezahlt werden", findet Birgitt Höhn. Der Bund hat den von ihm getragenen Teil der UVG-Aufwendungen von einem Drittel auf 40 Prozent erhöht. Den Rest teilen sich Land und Kommunen (im Ergebnis Reduzierung des kommunalen Anteils von 53,3 auf 30 Prozent).
Ganz wichtig ist, das die Höchstbezugsdauergrenze gekippt wurde: Früher zahlten die Kommune maximal sechs Jahre lang und maximal so lange, bis die Kinder zwölf Jahre alt waren. "Das konnte bedeuten, dass die Überweisungen schon für Sechsjährige eingestellt wurden", erzählt Höhn – wenn abwesende Väter von Geburt an ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkamen.
Birgitt Höhn wünscht sich mehr Werbung für das neue Gesetz
Birgitt Höhn wünscht sich, dass für das neue Gesetz staatlicherseits – oder eben auch über Kreise und Kommunen – mehr "geworben" würde, denn sie habe den Eindruck, dass viele Frauen noch nicht umfassend über ihre erweiterten Rechte informiert seien. "Man muss auch wissen, dass es nicht gerade angenehm ist, den Unterhaltsvorschuss zu beantragen. Es wird nämlich durch die Kommunen genau überprüft, ob die Gegenseite nicht doch Zahlungen veranlasst hat. Dazu müssen Sie Ihre Einkommensverhältnisse darlegen und dem Amt umfassende Kontoauszüge zur Verfügung stellen", sagt die Grünen-Politikerin. Das könnten Betroffen schon als diskriminierend empfinden. "Hinzu kommt, dass allein Erziehende meist sehr viel um die Ohren haben und den bürokratischen Aufwand für den Antrag oft scheuen", so Höhn.
Wichtig zu wissen ist, dass Familien, die von Hartz IV leben, nicht vom UVG betroffen sind. In ihren Sozialhilfesatz ist das Geld für die Kinder schon einberechnet. Geld nach dem Unterhaltsvorschussgesetz bekommen nur Frauen, die ein eigenes Einkommen haben. Da viele jedoch in Teilzeit arbeiten oder nicht viel verdienen, können sie auf Unterhalt kaum verzichten. Das müssen sie nun auch nicht mehr. Die säumigen Elternteile bleiben natürlich dennoch zahlungspflichtig. Bund und Land versuchen, sich das vorgeschossene Geld von ihnen zurückzuholen.
RP 06.01.2018, Anja Settnik

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Der Antrag der GRÜNEN Kreistagsfraktion als pdf-Format